Die Transplantation zu wählen ist keine freie Entscheidung. Man wählt zwischen zwei Toden. Einem langsamen und einem schnellen Tod. Man wählt zwischen dem 100prozentigen und dem 50prozentigen Tod.
Wenn man ehrlich ist, wählt man gar nicht. Wenn man ehrlich ist, sind alle Entscheidungen längst durch die Evolution getroffen. Ihr Programm wählt immer die Eins, das Leben, nie die Null. Ausser der Einzelne opfert sich für die Gruppe. Wenn man Familie hat, wenn man an die Liebe glaubt, sind alle Entscheidungen längst getroffen. Man wählt den beschwerlichen, den Leben versprechenden Weg. Nur wenn man an Gott glaubt, kann man machen, was man will, sterben, wann man will. Töten, wann man will. Gott verzeiht, das ist das Elend der Welt. Gott verzeiht alles, da ihm wohl alles egal ist. Mir jedoch nicht, der Evolution nicht, der Familie nicht, der Liebe nicht.
Man wählt das Leben oder was man dafür hält und entscheidet gleichzeitig zwischen der letzten Chance und einem immer mehr des immer gleichen. Man wählt die letzte Chance, die Gnade, die Katharsis. Man wählt den Neuanfang. Oder man macht sich weiter etwas vor. Und allen anderen. Das ist okay.
In der Quarantäne kann man sich konzentrieren. Zum Mönch, zum Eremiten, zum Einsiedler werden, zum Einzeller. Man kann den einen Monat zum Innehalten nutzen, zum Erwachen, zur inneren Einkehr und zur Umkehr. Man kann den Monat zur Hälfte zum Sterben und zur anderen Hälfte zur Auferstehung aus seiner eigenen Asche nutzen.
Man ringt mit seinem Leben und mit seinem Tode. Da sollte man vorbereitet sein. Warum ist man es nicht? Ringt mit der eigenen Vergangenheit, den eigenen Versäumnissen, Fehlern, Chancen, Potentialen. Was man sich schon im normalen Leben, bei bester Gesundheit nicht zutraut. Wie also soll das gerade jetzt klappen. Im Todeskampf. Während man sich auf das Überleben konzentrieren muss. Den Tod besiegen und das bisherige Leben?
Ganz einfach. Man muss nur verstehen, dass das Leben wie das Überleben immer untrennbar verbunden ist mit einer einzig relevanten Antwort auf die Frage ‘Warum?’. Warum überleben? Warum leben? Warum würde man mich vermissen?
(Washington Post – These Weeks are all we’ve got.)
Was für eine unglaubliche Chance für einen Relaunch, einen Neustart, eine Wiederauferstehung des Kindes in uns, in dieser vom Leben gegerbten Hülle. Eine Wiedergeburt der Neugier, des Mutes, des Rückgrates, des Wissensdurstes. Der Bedeutung. Der Moral und Ethik. Der Disziplin, der Spontaneität, der Pflicht, der Kür. Des Spaßes, des Lachens, Weinens, Fühlens. Der Empathie. Des Menschseins. Mit dem Mitmenschen. Und nicht nur immer gegen sie und gegen ihn. …
Was für eine unglaubliche Chance kann dieser Krebs sein, mit dem richtigen Geiste angefasst, mit der richtigen Einstellung begegnet. Dem richtigen Optimismus umarmt.