Vom Krebs und vom Krieg

Worüber schreiben in Zeiten des Krieges?
Worüber schreiben in Zeiten des Krebses?
Über die Ohnmacht? Die Allmacht der Macht? Über die Ausweglosigkeit, Alternativlosigkeit? Des Kampfes, des Todes? Über die Schmerzen, die Toten, das Leid? Die Überlebenden? Familie, Verwandte, Freunde, deren Leid? Über den Wahnsinn des Krieges und des Krebses? Über Schuld und Schuldige? Über Opfer?

Oder schreiben über Hoffnung? Über das Kämpfen? Über das Bloß-nicht-Aufgeben? Über Heldïnnen, die auch nur Menschen sind wie Du und ich? Über die Heldïnnen in uns allen? Wenn wir nur an uns selbst glauben.
Über Momente des Lichtes, der Erleuchtung? Über die Schönheit und Einzigartigkeit jedes einzelnen Lebens?
Über das Überleben? Über das Leben?

Schreiben über die Qualität des Lebens? Über unsere Ziele und Träume? Über den Sinn unseres individuellen Lebens, der uns übermenschliche Kraft geben kann? Im Krieg und im Krebs?
Über die Freuden des Lebens? Die Höhen und Tiefen? Letztere, um erstere schätzen zu lernen? Über die Liebe, das Mitgefühl zu anderen, die Sorge und Fürsorge unserer Liebsten und Nächsten und weiter entfernten?

Aber wer sollte mich hören, wenn ich schreibe?
Wer sollte mich hören, wenn ich leide?
Am Kriege und am Krebse.
Die Waffen sind soviel lauter als meine Worte.

Doch die Worte wären soviel mächtiger als die Waffen – wenn sie denn gehört würden. Wenn sie denn verstanden würden. Im Eifer des Gefechtes, im Eifer der Therapie. Ist eh alles zu spät, wenn das Kind, der Krieg, der Krebs längst in den Brunnen gefallen ist.

Schreiben also über das Verhindern des Krieges?
Schreiben also über das Verhindern des Krebses?
Darüber, dass wir, ja, in unserem Kriege und mit unserem Krebse kämpfen müssen? Darüber, dass wir vielmehr und viel eher unsere Freiheit und unsere Gesundheit früh beschützen müssen? Vor dem Krieg und vor dem Krebs? Vor allem: VOR dem Krieg und VOR dem Krebs?

Schreiben darüber, dass die einfachste Art, den Krieg zu überleben, die ist, ihn nicht zu beginnen?
Darüber, dass die einfachste Art, den Krebs zu überleben, die ist, ihn nicht zu bekommen?
Darüber, dass wir den Krebs und den Krieg früh aus unseren Körpern, Köpfen, Ländern herausschneiden müssen? Den Krebs und den Krieg früherkennen und früh erkennen müssen.

Darüber, dass wir die Ursachen des Krebses und des Krieges bekämpfen müssen, nicht länger nur Symptome? Dass es beim Krieg und beim Krebs so ist wie beim Terrorismus: nicht der Mensch ist Terrorist, sondern die Zustände sind Terror? Dass wir die Zustände verändern müssen, um den Krieg und den Krebs einfürallemal zu besiegen?

Darüber muss ich schreiben! Sobald ich den Kampf, den Krieg gewonnen, den Gegner, den Feind, den Krebs besiegt habe. Sobald ich wieder klar denken kann und vor Krieg und Krebs und Tod keine Angst mehr verspüre, auch wenn ich sie noch habe. Darüber muss ich schreiben!